Bündnis 90/Die Grünen

in Garmisch-Partenkirchen

Veränderliche Mehrheiten, Wintersportkampagne und Richard Strauss

Bericht der Gemeinderats-Sitzung vom 30. Juli 2020

05.08.20 – von Irmi Gallmeier –

Es war die dritte Sitzung des neuen Gemeinderats, und man kann einleitend feststellen: der anfangs festgeschmiedete "Block" aus CSU, CSB und Bayernpartei mit seiner deutlichen Mehrheit von 18 von 31 Stimmen, teilweise sogar unterstützt durch die 3 Stimmen der SPD, löst sich allmählich auf. Mehrheiten werden schwächer, das Konzept des "Durchregierens" scheint zu bröckeln. Dies gibt Anlass zur Hoffnung, dass das Stadium der Partei-Scharmützel dem inhaltlicher Auseinandersetzung mit Anträgen und Themen weichen könnte - und sollte uns von Bündnis 90/Die Grünen darin ermutigen, weiterhin auch auf parlamentarischer Ebene für unsere Themen einzustehen und diese entsprechend vorzutragen.

Die beiden Hauptthemen der Sitzung waren die Konzeptidee zur "Wintersportkampagne 2020/2021" und die Budgetdiskussion zum Richard-Strauss-Festival:

  • Wintersportkampagne 2020/2021

    Michael Gerber, Geschäftsführer der GAPA Tourismus GmbH, Klaus Schanda, Marketingleiter der Bayerischen Zugspitzbahn Bergbahn AG und Peter Fischer, ehemaliger Leiter des OK Skiweltcup im Skiclub Garmisch haben dem Gemeinderat eine erste Idee eines Test-/Pilotprojekts vorgestellt mit der Bitte um Beschlussfassung, diese Idee weiterzuentwickeln. Es soll befristet für 3 Monate im Zeitraum Dezember 2020 - Februar 2021 umgesetzt werden und fußt auf 4 Säulen:

    1. Flächendeckende Parkraumbewirtschaftung:
      Auf den Parkplätzen Eisstadion, Hausberg, Kreuzeck und Eibsee wird eine Parkgebühr erhoben - im Raum stehen 25 Euro pro Tag. Für Inhaber eines Saison-Skipasses ist eine saisonale Parkgebühr von 125 Euro angedacht (wobei noch geprüft werden muss, inwieweit eine Gewährleistung eines freien Parkplatzes sichergestellt werden kann).

    2. Ortsteilbezogene Parkverbote/Anwohnerberechtigung:
      In den Strassen um die Parkplätze herum werden Parkverbote/Anwohnerparkzonen eingerichtet, um ein Ausweichen auf Seitenstrassen zu vermeiden.

    3. Gutschrift:
      Ein Teil der Parkgebühren wird durch den Kauf eines Skitickets direkt gutgeschrieben - 10-15 Euro Gutschrift sind angedacht.

    4. Privilegierte Zufahrt für Hotel-Shuttles und ÖPNV:
      Die Gastgeber/Hotellerie soll in dieses Konzept eingebunden werden und ihnen sog. "Packages" angeboten werden mit z.B. Preisnachlässen von 25% auf Skitickets und Eintrittskarten für den Ski-Weltcup. Voraussetzung dafür ist, dass diese Gastgeber/Hotellerie Shuttles zur Verfügung stellen, die mit dem Wintersportkampagnen-Signet (GAPA - Mobilität neu entdeckt) gekennzeichnet sind. Mit den Gemeindewerken wird geklärt, ob eine sog. "Pop-Up Busspur" eingerichtet werden kann, um sowohl dem ÖPNV als auch den Hotel-Shuttles eine vorrangige Anfahrt zu den Skigebieten gewährleisten zu können. Auf Nachfrage, wie das für die zahlreichen Ferienwohnungs-Anbieter geregelt werden soll, kam die Antwort von Herrn Gerber, dass diese sich ja quasi in einen Hotel-Shuttle "einkaufen" könnten, um dieses Angebot nutzen zu können.

    Der Weiterentwicklung dieser Projektidee wurde seitens des Gemeinderats mit überwiegender Mehrheit zugestimmt. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat noch eingebracht, dass Vergünstigungen für Einheimische in das Konzept eingearbeitet werden sollen und ebenfalls für diese Projektidee gestimmt. Auch wenn dieses Projekt aufgrund des sehr knappen Zeithorizonts zwischen Planung und Umsetzung sehr couragiert ist (für eine Umsetzung sind noch zahlreiche verwaltungsrechtliche, organisatorische und juristische Fragen zu klären und Hürden zu überwinden) und es die von uns gewünschte Bevorzugung des ÖPNV dem Individualverkehr gegenüber nur teilweise unterstützt, erachten wir dieses als einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Zudem werden im Konzept Forderungen aus unserem Wahlprogramm (z.B. Anwohnerparken und Sonderspuren für ÖPNV und Shuttles) mit aufgenommen. Die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen im Gemeinderat wird mit den Initiatoren der Projektidee Kontakt aufnehmen und sich inhaltlich in die Weiterentwicklung des Konzepts einbringen.

    Die Vorstellung des fertigen Konzeptes ist für die übernächste Gemeinderatssitzung am 24. September geplant, die Umsetzung soll im direkten Anschluss gestartet werden.

  • Richard-Strauss-Festival

    Auch wenn es in diesem Tagesordnungspunkt primär um die Genehmigung des zusätzlichen Budgets seitens der Gemeinde für die Jahre 2018 und 2019 ging, entbrannte eine hitzige Diskussion um die Zukunft des Richard-Strauss-Festivals. Der künstlerische Leiter der Jahre 2018 und 2019, Prof. Alexander Liebreich hatte ja am Tag der Gemeinderatssitzung den Mitgliedern des Gemeinderats mitgeteilt, dass er mit sofortiger Wirkung sein Engagement beendet. Da zudem im Moment völlig ungewiss ist, in welchem Rahmen und unter welchen Hygiene-Auflagen 2021 Konzerte durchführbar sind, hochrangige Künstler aber langfristig gebucht werden müssen, scheint eine seriöse Planung für ein Richard-Strauss-Festival 2021 in bekanntem Umfang allein schon organisatorisch unmöglich zu sein. Das bestätigte auch Dr. Dominik Sedivy, der Leiter des Richard-Strauss-Instituts.

    Nach mehreren Wortbeiträgen u.a. von Lilian Edenhofer (Freie Wähler - mehr regionale und junge Künstler) und Dr. Günter Steinebach (CSU - eher kürzere Konzerttage unterschiedlicher Komponisten wie z.B. L.v.Beethoven), beide im Vorstand des Förderkreises der Richard-Strauss-Festspiele, beauftragte die Bürgermeisterin die Fraktionen, sich ein Konzept für die Fortführung des Festivals zu überlegen und auf der nächsten Gemeinderatssitzung am 20. August zu präsentieren - ein höchst fragwürdiger Ansatz, Kommunalpolitiker*innen mit der Erarbeitung von Ideen für ein Festival von Weltruf zu beauftragen!

    Die Bilanz des Richard-Strauss-Festivals für die Jahre 2018 und 2019, die vom Leiter des Rechnungsprüfungsamts der Gemeinde, Peter Lukasczyk, präsentiert wurde, hinterließ zahlreiche unbeantwortete Fragen zu bestimmten Posten und Ausgaben. Ein professionelles Projektmanagement war weder seitens der Gemeinde noch des Richard-Strauss-Instituts wahrnehmbar. So wurde das "Drei-Säulen-Modell", auf das man sich im Gemeinderat vor Jahren geeinigt hatte (Kosten werden zu je einem Drittel von der Marktgemeinde, dem Freistaat Bayern und über Einnahmen/Sponsorengelder mit einer Deckelung von jeweils 330.000 €) in keinster Weise umgesetzt - weder der Freistaat noch die Einnahmen/Sponsorengelder erreichten die geforderte Höhe. Da die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen Veranstalterin des Festivals ist, steht sie in der Pflicht, entsprechenden vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und die Defizite, die sich z.B. für das Jahr 2019 auf über eine halbe Million Euro belaufen, zu tragen.

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